Fußball-Diskussion im Sportausschuss: Pils und Bratwurst den Politikern
Im Streit der Amateurvereine mit der Fußball-Liga um die Sonntagsspiele scheint der Krösus zu obsiegen. Da hilft auch kein inhaltsloses Geplänkel im Sportausschuss.
BERLIN taz "So. Und jetzt noch ein Pils!" Das hat Peter Rauen nicht gesagt. Hätte aber gepasst. Der CDUler ist stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag. Eine Woche nach dem Aschermittwoch legte er im hohen Haus einen veritablen Wirtshausauftritt hin. Seine Tirade gegen die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und für mehr Solidarität mit den kleinen Klubs kam gut an bei seinen Kollegen. Man spendete Beifall. Der Ausschuss hatte unter anderen den Generalsekretär des Deutschen Fußballbunds, Wolfgang Niersbach, und den Geschäftsführer der DFL, Christian Seifert, eingeladen. Sie sollten sich äußern über den wachsenden Unmut unter den Amateurklubs.
Die beschweren sich seit Wochen über den Spielplan der DFL, der in der nächsten Saison ein Bundesliga-Sonntagsspiel vorsieht, das bereits um 15.30 Uhr angepfiffen wird und sich etwa mit den Partien der Bremen-Liga überschneiden würde. Reiner Grundmann, Präsident des Gelsenkirchener Stadtteilklubs SC Schaffrath, der am Wochenende eine Spieltagsabsage in der Kreisliga und eine Demo organisiert hatte, war auch geladen und machte deutlich, wie wichtig jede verkaufte Bratwurst für einen Verein ist, der im Jahr mit 50.000 Euro kalkuliert. Wenn sonntags die Bundesliga kickt, würden nicht nur die Zuschauer wegbleiben, auch die Spieler kämen "zumindest in Gewissensnot" und würden sich im Zweifel vielleicht für Premiere entscheiden - oder ins Stadion eines Bundesligisten gehen. Seine Rolle an diesem Tag: das Herz des Fußballs. Die Rolle von Seifert: die seelenlose Kommerzmaschine.
Was für eine Vorlage! Im sicheren populistischen Reflex richteten Abgeordnete aller Fraktionen über den DFL-Mann. SPD-Obfrau Dagmar Freitag sagte zu Seifert: "Was mir an ihrem Vortrag völlig gefehlt hat, ist der emotionale Zugang zum Sport." Bratwurst- und Kuchenbuffetnostalgie. Der Grüne Winfried Hermann hat grundsätzliche Probleme mit der Anzahl der Fußballübertragungen. Und dann müsse er auch noch "schlechten Fußball" sehen. Das passte nicht direkt zum Thema, ist aber ganz gut angekommen. Und darauf kam es schließlich an: gut anzukommen. Denn mehr als wohlfeile Appelle formulieren kann die Politik in dem Fall nicht. Die DFL macht ihre Geschäfte und ist heilfroh, dass sie nach dem Einspruch des Kartellamtes gegen den Megavertrag mit der Leo-Kirch-Firma Sirius doch noch etwas mehr Geld (412 Millionen Euro pro Jahr) für die Übertragungsrechte akquirieren konnte als aktuell. "Wir können da gar nichts machen", sagte DFB-General Niersbach. Der Grundlagenvertrag, in dem die Zusammenarbeit mit der DFL geregelt ist, wird im April geändert. Bis dato ist dort der Sonntagnachmittag als Spieltermin für die Amateure reserviert. Das geht nun nicht mehr. Der DFB, der 3 Prozent aller TV-Einnahmen der Liga kassiert, hat sich der DFL zu fügen. Er ist ein schwacher Interessenvertreter für die kleinen Klubs, die seine Basis bilden.
Mehr als den starken Max markieren können die deutschen Sportpolitiker auch nicht. Darauf ein Pils - und eine Bratwurst am Sonntag bei einem der 80.000 Fußballspiele, die jedes Wochenende unter dem Dach des DFB ausgetragen werden!
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!